Die geplante Ausweisung von Windvorrangflächen im Landkreis Harburg sorgt für intensive Diskussionen und teils große Besorgnis, insbesondere in der Samtgemeinde Salzhausen.
Als Grüne/Linke im Kreistag möchten wir auf diese Sorgen eingehen und transparent darlegen, warum die Energiewende und der Ausbau der erneuerbaren Energien unverzichtbar sind – auch für unsere Region.
In unserem Antwortbrief erläutern wir die Hintergründe der Planung, stellen uns den vorgebrachten Kritikpunkten und zeigen auf, wie wir den Prozess so gestalten wollen, dass Klimaschutz, Naturschutz und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen können:
Sehr geehrte Damen und Herren,
danke für Ihren Brief zum Thema Windkraftplanung. Ich kann ihre Sorge verstehen, wenn 9% der Fläche von Salzhausen als Windvorrangfläche ausgewiesen werden sollen.
Diese 9% sind aus den Vorgaben des Gesetzes des Bundes (WindBG), dessen anschließende Umsetzung durch das Land Niedersachsen (NWindG) und die im Landkreis Harburg entwickelten Kriterien für die Ausweisung der Flächen im RROP hervorgegangen. Anlass des Gesetzes des Bundes ist die EU-Notfallverordnung aufgrund der Gas-Mangellage in Folge des Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine. Außerdem gebietet es die Klimakrise, unsere Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen.
Diese Umstellung wird unsere Landschaften massiv verändern mit der Errichtung von großflächigen Fotovoltaikanlagen und Windrädern. Aber angesichts der Klimakrise, entstanden durch die Wirtschaftsweise der vergangenen Jahrzehnte, haben wir keine andere Wahl. Eine Fortsetzung der Nutzung fossiler Energieträger ist keine Option. Wir merken ja schon jetzt die negativen Auswirkungen des Klimawandels: Trockenheit, Hitze und auf der anderen Seite Überschwemmungen in nie gekanntem Ausmaß. Ein rasches Handeln ist erforderlich. Jegliche Verzögerung bringt eine stärkere Erderwärmung und mit ihr einen Anstieg der Katastrophen. Alle finanziellen Anstrengungen, die wir jetzt in die Erneuerbaren Energien lenken, werden sich mehrfach bezahlt machen. Nichtstun ist mittel- und langfristig deutlich teurer.
Wichtig dabei aus unserer Grünen Sicht ist, dass die Biodiversitätskrise sich nicht verschärft, sondern dass Lösungen gefunden werden, die sowohl der Biodiversität als auch dem Klima nutzen. Das ist durchaus möglich: mit Wäldern und Mooren haben wir zwei Elemente, deren Wirkung als Kohlenstoffspeicher erhalten und verbessert werden muss. Solche Maßnahmen können Win-Win- Projekte für beide Krisen sein.
Nun zu den von manchen angeführten negativen Auswirkungen von Windkraft.
Immobilienwertverluste: diese sind nicht von der Hand zu weisen. Ein Häuschen im Grünen mit Blick in eine vielfältige Landschaft wird von den meisten Menschen als attraktiver empfunden als ein Häuschen mit Sicht auf technische Anlagen. Jedoch sollten wir unseren Blick etwas weiten: durch die Folgen der Klimakrise haben Menschen in Deutschland und auch weltweit jetzt schon ihre Behausungen ganz verloren. Da müssen wir im hochentwickelten Europa durchaus auch unseren Teil zur Transformation der Energiewirtschaft beitragen.
Das gleiche gilt für den Tourismus.
Gesundheitliche Risiken durch Infraschall wurden durch Studien des UBA ausgeschlossen, für Schattenwurf und Lärm gelten gesetzliche Grenzwerte, die einzuhalten sind.
Naturzerstörung: hier muss gut geplant werden, damit besonders sensible Bereiche freigehalten werden. Wenn Wald gerodet werden muss, ist darauf zu achten, dass es kein hochwertiger Wald ist. Außerdem muss der gerodete Wald an anderer Stelle durch Neupflanzung ausgeglichen werden.
PFAS sind aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften und ihrer hohen Hitzebeständigkeit auch in vielen Alltagsprodukten enthalten, zum Beispiel in Backpapier und Bratpfannen, in Regenjacken, Lebensmittelverpackungen und Kosmetik. Hier müssen überall Alternativen gefunden und angewendet werden, gegebenenfalls auch bei den Rotoren.
Speicher und Leitungen werden aktuell entwickelt, geplant und gebaut. Das muss parallel zur Planung und dem Bau der Windräder passieren, wenn wir möglichst rasch klimaneutral werden wollen.
Aktuell ist das Ziel, die Auslegung im Kreistag am 17. Dezember zu beschließen, sodass die Beteiligung Ende Dezember starten kann. Die Frist der Beteiligung (wir wünschen uns mit drei Monaten die längste mögliche Variante) bleibt gleich lang, egal, ob sie im Januar oder Februar startet. Die etwas frühere Auslegung als geplant wurde beschlossen, da weitere Regelungen auf EU-Ebene erwartet werden, die vermutlich das Verfahren deutlich verkomplizieren würden. Wir haben aber die Zusage der Verwaltung, dass auch nach der ersten Auslegung noch Änderungen möglich sind. Es bleibt nicht bei einer Auslegung.
Im Übrigen weisen wir darauf hin, dass auf Initiative der Grünen ein Gesetz verabschiedet wurde, dass die umliegenden Gemeinden von Windkraftflächen an dem Erlös beteiligt werden.
Sie drohen damit, ihre Stimme bei der Wahl an eine rechtsextreme Partei zu geben. Welche Lösungen bietet diese Partei für die akuten Probleme unserer Zeit? Aus unserer Sicht ist diese Partei ein Sammelbecken für alle, die nicht merken wollen, dass sie gerade den Ast absägen, auf dem sie vermeintlich sicher und bequem sitzen! Wir hoffen, dass die Mehrheit der Menschen im Landkreis sich für sinnvolle Vorschläge und ihre Umwelt entscheiden werden.
Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Verteilung der Windvorrangflächen im Landkreis noch mehrfach intensiv diskutieren werden.
Freundliche Grüße
Elisabeth Bischoff
Für die Gruppe Grüne/Linke im Kreistag LK Harburg